Wechselkursrisiko
Es gibt weit mehr Risiken im Umgang mit Währungen als das
reine Kursrisiko und Absicherungen erfüllen auch nicht immer
ihre Aufgabe.
Mit der Einführung von mehr oder weniger frei fliessenden
Wechselkursen wurde auch eine ganze Industrie geboren - diejenige,
diese Risiken im Griff zu halten. Unzählige und täglich neue Produkte
versprechen, das Risiko nicht nur auszuschalten, sondern auch noch
einen Gewinn damit zu erwirtschaften. Kann das sinnvoll sein? Wo ist
die Grenze zwischen Absicherung und Spekulation?
Die oben angesprochene Problematik besteht genau genommen
schon seit dem Moment, als grenzüberschreitender Warenverkehr mit
einher gehender monetärer Wirtschaft geboren wurde, im
spezifischen sich ändernden Preisen für Waren und Währungen. Die
belegten Anfänge der Absicherung von Preisen gehen auf das 18. /
19. Jahrhundert zurück, als Holländische Tulpen bereits weit vor ihrer
Ernte für einen vereinbarten Preis verkauft wurden und somit die
ersten Warentermingeschäfte zustande kamen. Das bedeutet,
Ware gegen Geld zu einem Preis, an dem beide Parteien versuchten,
das Preisrisiko auszuschalten. Gelang ihnen das?
Auf den ersten Blick hin gerät man in
Versuchung, das Risiko auf die Qualität und
Quantität der Ware zu reduzieren, die dann
schlussendlich den Preis ausmacht. Genau
betrachtet, bestehen jedoch folgende Risiken
beim Kauf resp. Verkauf von bspw. Tulpen:
Käufer
•
Der Verkäufer, d.h. der Lieferant, ist in der Zwischenzeit
Konkurs gegangen und kann nicht mehr liefern.
•
Schlechte Tulpenqualität.
•
Geringere Menge als vereinbart, weil die Ernte geringer
ausfiehl.
•
Es ist nicht genügend Liquidität vorhanden, um die Tulpen zu
bezahlen.
•
Die eigene Währung hat sich zur Valuta des Verkäufers
abgeschwächt und es müssen nun mehr Einheiten der
eigenen Währung pro Einheit Fremdwährung bezahlt werden,
als noch zum Zeitpunkt, wo man die Tulpen bestellt hat.
•
Die Bank, welche die Transaktion durchführt, ist Konkurs und
kann das Geld nicht überweisen.
•
Tulpen verwelken auf dem Weg zum Point of Sales (PoS), resp.
bevor sie weiter verkauft werden konnten. Das heisst, sie
verlieren an Wert.
•
Die Tulpenlieferung kommt nicht (vollständig) an, weil der
Transport scheiterte, z.B. durch Schiffbruch, Zugentgleisung,
Diebstahl, Brand etc.
•
Kunden zahlen nicht (rechtzeitig).
Verkäufer
•
Käufer kann nicht zahlen, aus Eigen- oder Fremdverschulden
(siehe Argumente links).
•
Die Ware ist vor vereinbartem Übergang von Nutzen und
Gefahr (siehe Inco-Terms) unbrauchbar, wobei das Risiko
übernommen wurde.
•
Der vereinbarte Erlös deckt nicht die enstandenen Kosten, da
z.B. die Inflation den Wert des Geldes verminderte.
In diesem Beispiel wird von grenzüberschreitendem Warenverkehr
mit unterschiedlichen Währungen ausgegangen, so wie es heute in
den meisten Fällen üblich ist. Doch genau diese Probleme bestehen
auch heute noch und sind zum Teil hochaktuell wie auch brisant. Wie
bspw. das Thema zum Umgang mit dem Wertverlust der Ware, siehe
z.B. IAS 36.
Diese Ausführung soll Ihnen zeigen, dass das Wechselkursrisiko
lediglich eines von vielen in der gesamten Wertschöpfungskette
ist und dies zumeist beim Käufer der Ware liegt. Trägt es der
Verkäufer, hat dieser die Sicherungskosten in den Verkaufspreis mit
eingerechnet. Dennoch schmerzt natürlich jeder vermeidbare Verlust.
Doch Risiko und Ertrag sind nur sehr schwer trennbare Zwillinge.
Somit: Es können niemals alle Risiken beseitigt werden!
Die Sicherung von Währungsrisiken
Heute gibt es eine beinahe unendliche
Anzahl von sogenannten
Absicherungsprodukten, die
a) meistens von Banken angeboten
werden; und
b) derivaten Charakter haben, d.h. sie
sind abgeleitet von einem Grundgeschäft.
Dabei sollte sich der Käufer eines Sicherungsinstruments immer
folgende Fragen stellen:
1. Wie funktioniert das Produkt und unter welchen
Voraussetzungen (Triggers) passiert was?
2. Wer verdient wo wieviel?
Werden damit die Risiken minimiert oder gar erhöht resp.
ausgebaut? Stichwort: um ein Loch zuzumachen wird woanders ein
neues ausgehoben. Und weil ja nichts umsonst ist - was uns schon
Adam Smith lehrte - ist das neue Loch meistens noch tiefer als das
erste!
Nur zu gerne werden Regelwerke wie IFRS, US/UK/Swiss Gaap,
HGB und wie so alle heissen, verteufelt. Sie würden einem
anständigen Buchhalter das Leben nur schwer machen und Barrieren
aufbauen, wo es gar keine braucht. Dabei sollte man sich
vergegenwärtigen, dass diese Richtlinien dem eigenen- und dem
Schutz aller Beteiligten dient. Wenn also das Sagen umwobene
Hedge Accounting aussagt, dass dies oder jenes Sicherungsgeschäft
nicht dazu geeignet ist, ein bestimmtes Risiko zu minimieren, dann
hat das den Grund, dass dabei woanders neue Risiken entstehen, die
zumeist noch grösser sind, als es die ursprünglichen Risiken waren!
Beispiel
Grundgeschäft / Underlying: Sie haben Erträge in EUR und kaufen
eine Maschine aus England für 300'000 Pfund Sterling (GBP),
Lieferung erfolgt in 3 Monaten, zahlbar bei Lieferung. Kurs EUR/GBP
heute 0.8838 und auf Termin 0.88338.
(Bei allen Möglichkeiten besteht nach wie vor das Settlement Risk,
dass bei der Zahlung etwas schief läuft. Zum Beispiel die Bank ist
Konkurs, jemand gibt 3'000'000 anstatt 300'000 ein, das Geld wird auf
ein falsches Konto bezahlt resp. einem falschen Konto belastet etc).
A) Sie wechseln erst bei Zahlungsfälligkeit
Pro
Der Kurs könnte besser werden
Contra
Sie gehen ein Wechselkursrisiko ein, der Kurs könnte schlechter
werden. Bei einer Wahrscheinlichkeit von 90% wird Ihr Verlust nicht
höher sein als 31’000 EUR (Value at Risk Ansatz, historische Werte)
B) Sie wechseln heute
Pro
•
Zinsgewinn 0,1% p.a. = EUR 84.-
•
Ausschalten des Risikos, dass der Kurs schlechter wird.
•
Kalkulation bleibt konstant.
Contra
Keine Chance mehr, einen besseren Kurs zu erhalten.
C) Sie wechseln in der Zukunft, fixieren den Kurs aber
heute mit einem Termingeschäft oder einem
Futurekontrakt
Pro
•
Ausschalten des Risikos, dass der Kurs schlechter wird.
•
Kalkulation bleibt konstant.
Contra
•
Zinsgewinn ./. Bankkosten, netto ausgedrückt im
Terminabschlag von -0,00042 kostet Sie EUR 161.70
•
Oftmals Hinterlegung einer Kaution von 10%-20% des
Nominalbetrages.
D) Sie kaufen eine Call GBP/ Put EUR Option
Pro
•
Ausschalten des Risikos, dass der Kurs schlechter wird.
•
Kalkulation bleibt konstant.
•
Möglichkeit eines besseren Kurses bleibt erhalten.
Contra
•
Signifikante, im Voraus zu zahlende Prämie. Je nach Risiko
zwischen 2% und 5% des Nominalbetrags.
•
Im Vergleich zu standardisierten Methoden oftmals
intransparente und hohe Margenkalkulation des Verkäufers,
d.h. der Bank.
E) Sie verkaufen eine Call EUR / Put GBP Option. Mit der
erhaltenen Prämie versuchen Sie, einen evtl.
Wechselkursverlust zu kompensieren.
Pro
Erhalt einer Cash-Prämie, die zinsbringend oder sonstwie nützlich
verwendet werden kann.
Contra
•
Das Risiko ist nicht abgesichert, sondern nur bis zur Höhe der
Prämie kompensiert. Darüber hinaus ist das Riskikointervall
nach oben unendlich und nach unten bei Wechselkurs = 0.
•
Intensive Überwachung ist zwingend.
•
Mindestens 10% - 20% Risikodeckung beim Vertragspartner,
wenn nicht sogar höher.
Anmerkung: Eine reine sog. Shortposition, wie oben beschrieben, ist
in den gängigen Rechnungslegungsvorschriften wie z.B. IFRS als
Absicherung nicht akzeptiert und ein Erfolg spiegelt sich 1:1 in der
Gewinn- und Verlustrechnung (anstatt wenigstens teilweise im
Eigenkapital).
F) Kauf eines meist komplexen derivaten Instruments,
bestehend aus verschiedenen oben in A) - E)
Teilbereichen.
Pro
Oftmals keine Prämienkosten
Contra
•
Zum Teil unlimitiertes Risiko, vor allem wenn einzelne
Teilbereiche von E) daron vorkommen.
•
Meistens nicht nachvollziehbarer Inhalt des Instruments.
•
Hohe Gewinnmargen des Verkäufers.
•
Vielfach nicht genau auf das Grundgeschäft abgestimmt.
Anmerkung: Auch diese Lösung eignet sich zumeist nicht für Hedge
Accounting.
G) Finanzierung in der Währung und Laufzeit, in der die
Maschine bezahlt und amortisiert wird.
Pro
Wechselkursrisiko komplett ausgeschaltet.
Contra
•
Evtl. höhere Zinsen, als in der Haupt-Einnahmewährung
•
Zinszahlungen in Fremdwährungen -> erneutes
Absicherungsbedürfnis.
Schlussfolgerung
Die beste Absicherung von Währungen ist nach wie vor einzig und
alleine die Kongruenz von Ausgaben und Einnahmen in
derselben Währung. Wo nur ein zeitlicher Unterschied besteht,
kann dieser durch z.B. Swaps oder Geldmarktanlagen / Aufnahmen
überbrückt werden. Doch da bestehen schon wieder zusätzliche
Kontrahentenrisiken.
Auf jeden Fall ist es sehr ratsam, die angebotenen Produkte
genauestens auf Eignung für eine Absicherung unter die Lupe zu
nehmen. Ansonsten kann es gut sein, dass am Ende mehr Risiken
bestehen, als wenn das Geschäft ungesichert geblieben wäre.
Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, wir zeigen Ihnen gerne,
was für Ihr Unternehmen möglich ist!