Stahr Treasury
    Listen I Focus I Solve

Darlehen

Darlehen werden allgemein als etwas eher belangloses, völlig verständliches und vor allem sehr einfaches Finanzgeschäft verstanden. Doch in der Praxis zeigen sich oft gravierende Verständnisfragen, welche aus Mangel an detaillierter Sachkenntnis, sei dies auf technischer und/oder rechtlicher Ebene, zu grösseren Problemen führen können.

Grundsätzliches

Technisch

Darlehen Mind Map

Dieser kleine Mindmap zeigt auf, dass ein Darlehen sehr viele Facetten hat. Je nachdem, was das Ziel des Darlehens ist, sollten zahlreiche Details aus mehreren Gründen beachtet werden: 

Technische Fragen

  1. Zinsreferenz, z.B. aus der Zeitung oder nicht anerkannten Quellen aus Google, anstatt einer marktüblichen Quelle - LIBOR, EURIBOR etc.
  2. Zinsberechnung, z.B. aufgrund der Währung und der Laufzeit ist auf die Zinsusanz zu achten. 
  3. Grundsätzliche Berechnungungen z.B. ein Darlehen, das vom 30.06.xx zum 31.12.xx läuft mit Verlängerung zum 30.06.yy, wird in Excel fortführend vom 01.01.yy zum 30.06.yy berechnet. Hier fehlt ein Tag - nämlich vom 31.12.xx zum 01.01.yy!

Rechtliches

Die folgenden Erläuterungen beziehen sich weitestgehend auf Handelsrechte von 1.-Welt Ländern, z.B. Mitteleuropa, Nordamerika. Je nach Land kann es jedoch zu mehr- oder weniger weitgehenden Abweichungen kommen.

Die wesentlichen Merkmale eines (Geld)Darlehens sind die Verpflichtungen  des Darlehensgebers, dem Darlehensnehmer einen bestimmten Betrag für eine bestimmte Laufzeit durch Eigentumsübetrag zur Verfügung zu stellen (Aushändigungspflicht) und der Darlehensnehmer die Verpflichtung, den Betrag anschliessend zurück zu bezahlen (Rückerstattungspflicht). Als nicht unwesentliches rechtliches Zusatzmerkmal ist die Verpflichtung des Darlehensgebers anzusehen, den Kapitalwert des Darlehens beim Darlehensnehmer während der Laufzeit zu belassen (sog. Belassungspflicht).

Der Zins jedoch ist für ein Darlehen nicht notwendiger Weise zu definieren, so erstaunlich dies im ersten Augenblick auch klingen mag. Es handelt sich dabei eben nicht um das Darlehen, sondern um eine separate Leistung, nämlich die Entschädigung für den Darlehensgeber für die Gebrauchsmöglichkeit des Kapitals (=Darlehen) während eines bestimmten Zeitraums. So sind im gewöhnlichen Verkehr Zinsen nur dann geschuldet, sofern sie vereinbart sind. Grundsätzlich. Aber: in den meisten Gesetzesbüchern gibt es eine Zusatzklausel die besagt, dass im kaufmännischen Verkehr Zinsen auch ohne Abrede geschuldet sind. 

Zinsen haben zusätzlich eine wesentliche rechtliche Eigenschaft: Fehlt eine Zinsvereinbarung, könnte davon ausgegangen werden, dass es sich gar nicht um ein Darlehen im herkömmlichen Sinn handelt und damit die Rückzahlungspflicht entfällt! Dies hat insbesondere Auswirkung auf Fragen in besonders heiklen Momenten, z.B. Konkurs eines Konzerns, wo es Up-oder Cross-Stream Darlehen unter verschiedenen juristischen Personen gibt und natürlich auch bei ganz normalen steuerlichen Betrachtungen. Thema “verdeckte Gewinnausschüttung” und damit “Transfer-Pricing”!

Last but not least bleibt zu erwähnen, dass in vielen Ländern keine explizite Pflicht für einen schriftlichen Darlehensvertrag besteht, z.B. in der Schweiz Art. 11 Abs. 1 i.V.m. Art. 312 OR. Auch wenn dem in manchen Handelsgesetzen so ist, muss an dieser Stelle doch ganz deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Folgen fehlender Schriftlichkeit zu sehr ernsten Problemen bei Darlehensgeber und auch beim Darlehensnehmer führen können!  

Rechtliche Fragen

  1. Haftungsfragen - falsch ausgestellte oder verbuchte Darlehen können zu einem ernsten Problem werden! 
  2. Steuerfragen - Transfer Pricing:  betrifft interne Darlehen; je nach Richtung (siehe oben) können zu tiefe oder zu hohe Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttung betrachtet werden. 
  3. Dokumentation: wurde ein schriftlicher Vertrag aufgesetzt und richtig fortgeführt? 


Darlehensmerkmale im Detail

Jedes auf  kaufmännischen Grundprinzipien basierendes Darlehen sollte diese Punkte berücksichtigen: 

  1. Darlehensgeber 
  2. Darlehensnehmer 
  3. Datum der Vereinbarung 
  4. Währung
  5. Betrag
  6. Start- und Enddatum 
  7. Referenz 
  8. Art des Darlehens (Intern oder Extern)
  9. Zinsusanz (Act/360, 30/360, Act/365, Act/Act)
  10. Zinsquelle (SARON, EURIBOR etc.) 
  11. Zinsmodalität (p.a., s.a.)
  12. Zahlung (fix, monatlich, halbjährlich etc.)
  13. Fix- oder Floating Zinsen
  14. Konto des Darlehensgebers
  15. Konto des Darlehnsnehmers 
  16. Freitext
  17. Vereinbarte Zinstermine
  18. Bevollmächtigte der beiden Parteien, evtl. Unterschrift


Stolpersteine in der Zinsberechnung

Vor allem Unternehmen, welche keine spezialisierte Finanzsoftware haben (wie z.B. unsere Eigenentwicklung) und die Zinsen z.B. in Excel berechnen, machen manchmal Fehler in der Zinsberechnung. Folgend die häufigsten Problemstellungen:

Zinsusanz

Je nachdem, welche Währung und Laufzeit vereinbart wurde, kommen nach internationalen Standards verschiedene Zinsberechnungsmethoden zum tragen.

Beispiel: Festgeld, EUR für 1/2 Jahr, 31.12.24 - 30.06.24 (2024 ist ein Schaltjahr)

Act/360

(1’000’000 x 1.0% x 182) / 360 x 100 = 5’055.56

30/360

(1’000’000 x 1.0% x 180) / 360 x 100 = 5’000.00

Act/365

(1’000’000 x 1.0% x 182) / 365 x 100 = 4’986.30

Act/Act

(1’000’000 x 1.0% x 182) / 366 x 100 = 4’972.68

Richtig in diesem Beispiel ist für ein Festgeld EUR 1/2 Jahr die Zinsusanz Act/360. Werden andere angewendet, kommt es zu falschen Werten.

Zeitraum

Oft schon selber beobachtet in Finanzabteilungen (v.a. mittelständische Konzerne), kommt es vor, dass die Tage grundsätzlich falsch berechnet werden.

Beispiel: Ein neues Darlehen soll vom 1. Januar 2024 - 31. März 2024 laufen und wird anschliessend bis zum 30. Juni 2024 verlängert.

1. 01.01.24  - 31.03.24 und 01.04.24 -  30.06.24 = 90 Tage + 90 Tage = 180 Tage in Excel.

-> jedoch sind sind hier zwei Fehler enthalten: 

a) Zinslauf beginnt immer erst am Datum, an dem das Geld dem Darlehensnehmer zum Gebrauch zur Verfügung stand. Am 01.01. eines Jahres werden keine Beträge gutgeschrieben, frühestens am 02.01.24 (CHF). Je nach Währung auch erst am 03.01.24 (EUR). 

b) Zwischen dem 31.03.24 und dem 01.04.24 wurde kein Zins berechnet, es fehlt ein Tag Berechnung.

2. 02.01.24 - 31.03.24 und 31.03.24 - 30.06.16 = 90 Tage + 91 Tage = 181 Tage > Richtig.

Zinsfixing

Die am häufigsten verwendeten Zinsquellen sind die offiziellen Fixings von z.B. SARON oder EURIBOR. Je nach Laufzeit des Zinslegs werden unterschiedliche Zinssätze angewendet. Diese den Bereich bis zu 6 Monaten beim CHF resp. einem Jahr beim EUR abdeckenden Zinssätze sind in verschiedene Zeitintervalle unterteilt. 

SARON (Swiss Average Rate Over Night):  Overnight, sowie 1, 3, 6 Monate Compound Rate. Dazu noch den Tomorrow Next (SARTN), 1 Woche (SAR1W), 2 Wochen (SAR2W), 1 Monat (SAR1M) und auch 3 Monat (SAR3M).  Alles Handelsschlusswerte im Gegensatz zu den SARON Compound Rates. 

EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate): 1 Woche und dann 1, 3, 6  und 12 Monate.

Beim Fixing ist zu unterscheiden zwischen FIXING-DATE und VALUE-DATE. Das Fixing-Date ist immer 2 Werktage (der Währung, nicht des Landes) vor dem Tag, an dem der Zahlungsstrom erfolgt. Beispiel: 01.02.24 (Donnerstag) -> Valuta Datum Montag, 05.02.24. D.h., eine Darlehenslaufzeit vom 05.02.24 an muss bereits am 01.02.24 gefixt werden. Ein Darlehen, das am 01.02.24 anfängt (Zahlungsdatum), muss zwei Tage vorher am 30.01.24 gefixt werden.

 
E-Mail
Anruf
LinkedIn