Group Netting
Interne Gesellschaften mit gegenseitigen Forderungen können mit Netting ihre finanzielle Effizienz erheblich steigern bei gleichzeitig deutlicher Reduktion der Risiken.
Netting, abgeleitet vom englischen Begriff "to net" ist ein Prozess, bei dem Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber gestellt und miteinander verrechnet werden. Mit dem Zweck der Bezahlung (zumeist, aber nicht immer in bar) auf einen einzigen Betrag reduziert und auszugleichen. Die grössten Vorteile sind jedoch nicht immer auf den ersten Blick hin sichtbar.
Vorausgeschickt, Netting im organisierten Sinn eignet sich in aller Regel nur für Forderungen und Verbindlichkeiten, die innerhalb einer Konzernstruktur entstanden sind. Das Saldieren von Debitoren und Kreditoren ist ebenfalls eine gängige Praxis, hört beim einzelnen Lieferanten-Kunden Verhältnis aber auf. Die Grundidee ist jedoch dieselbe.
Problemstellung / Aufgabe
Trifft dieses Beispiel auch auf Ihren Konzern zu?
- XYZTest Group, Holding in Land A mit Töchtern (kontrollierte) in den Ländern A, B, C, D, E und F.
- A liefert an B und E und verrechnet in Währung A.
- C liefert an A und D und verrechnet in Währung C.
- D liefert an E und verrechnet in Währung E.
- etc etc.
Somit sind folgende Probleme und damit verbunden, auch entsprechende Risiken entstanden:
A) Quantitativ Auswirkungen
- Hohe Kosten für Zahlungsaufträge aufgrund einer hohen Anzahl von Zahlungstransaktionen.
- Währungsrisiken der Leistungsempfänger. Diese sind zumeist in anderen Ländern und/oder haben Einnahmen in einer anderen Währung, als dass fakturiert wird. Folgerung: durch interne Prozesse werden externe Risiken aufgebaut! Quantitativ zu messen mit z.B. Value at Risk resp. Cash Flow at Risk.
- Wechselkurskosten: aus dem gleichen Grund wie bei 2. muss der Leistungsempfänger nun relativ kleine Fremdwährungsbeträge bezahlen, sogar oftmals von einem Konto, das nicht auf die Rechnungswährung lautet. Diese zusätzlichen Transaktionskosten belaufen sich auf rund 2%-4% des gesamten Rechnungsbetrages! In der heutigen Zeit, in der Margen auf die zweite Nachkommastelle in langwierigen Verhandlungen vereinbart werden, eine reine Geldvernichtung.
- Mit jeder einzelnen Zahlung steigt auch das Risiko, dass durch Falscheingabe zuviel oder zuwenig bezahlt wird, was oft sehr personalintensive Abklärungen zur Folge hat, die wiederum teuer sind. Würden diese Vorfälle über einen bestimmten Zeitraum einmal gemessen, würde sich mancher CFO wundern, welch hoher Betrag dabei resultiert.
- Würde man das Wechselkursrisiko durch Netting zentralisieren, so wäre diese Zentralstelle in der Lage, erstens die gegeneinander bestehenden Wechselkursrisiken in einem ersten Schritt miteinnander aufheben zu lassen und was übrig bleibt, in einem zweiten Schritt aktiv zu bewirtschaften.
B) Qualitative Auswirkungen
- Auch das Kontrahentenrisiko steigt mit jeder Transaktion. Stellen Sie sich vor, Sie geben Ihrer Bank einen Zahlungsauftrag, die diesen via einer Drittbank, z.B. Lehman Brothers abwickelt (ohne dass Sie davon wissen, das ist ganz normal im internationalen Zahlungsverkehr). Das Ausfallrisiko tragen Sie, nicht die Bank, bei der Sie die Zahlung in Auftrag gegeben haben! Da dieses Risiko nur schwer quantifizierbar ist, ist es an dieser Stelle als qualitativ kategorisiert.
- Das zeitaufwändige, risikoreiche und damit auch optimierungswürdige Problem der Intercompany- Abstimmung ist ein Prozess, der mit Netting erheblich vereinfacht und verkürzt werden kann. Durch die permanent überwachten Verrechnungsprozesse kommt es am Monats- oder Quartalsende zu äusserst seltenen Differenzen, die meistens mit Hilfe der zentralen Nettingstelle auch entsprechend schnell beseitigt sind.
Betroffene Transaktionen
Merkmale der betroffenen Transaktionen sind gegeben durch den rechtlichen Rahmen: Forderungen und Verbindlichkeiten müssen fällig sein und in ihrer Art auch überhaupt verrechenbar. Die häufigsten Arten von IC-Transaktionen sind:
- Lokale Kosten, die von einer Gesellschaft vorbezahlt wurden
- Zinsen aus IC-Darlehen
- Waren aus vorgelagerter Produktion
- Management Fee
- Service Fee
- Corp. Re-Charges mit festgelegtem Schlüssel
Vom Chaos zur Ordnung
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Organisation
Wie bereits ersichtlich in der "Nachher" Abbildung oben, bildet das Corporate Netting Center eine zentrale Schlüsselstelle zwischen allen Konzernunternehmen. Damit ist die Frage nach dem Sitz des Netting Centers im Grunde genommen bereits beantwortet. Mir Vorzug sollte das Netting Center
a) dem Treasury angehören und dieses
b) an einem Ort, der aufgrund steuerlicher und weiterer Vorteile möglichst viele Doppelbesteuerungsabkommen und möglichst wenig regulatorische Vobehalte anbietet.
Positive Beispiele wären die Niederlande, Luxembourg (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um EU- Länder handelt und Steuern auch ein Thema sein können), Schweiz, Singapore. Negativbeispiele sind so gut wie alle Afrikanischen Staaten, Russland, die meisten Lateinamerikanische Länder, speziell Venezuela und Argentinien - welche auch schon einmal ganze Firmen annektieren; wie Russland bekannterweise auch seit 2022.
Risiken
Nichts auf dieser Welt ist ohne Risiko und nichts umsonst (was auch schon Adam Smith in Wealth of Nations feststellte). Durch genaue und vor allem professionelle Planung sowie abwägen von Stärken - Schwächen - Chancen - Gefahren, mittels eines begleiteten Projekts, können die meisten Risiken erkannt- und unter Kontrolle gehalten werden. Der Vollständigkeit halber sei hier noch das Risiko des Transfer-Pricing erwähnt, das ebenfalls - richtig erkannt - reduzier oder gar vermieden werden kann durch Einführung eines Group Netting.
Schlussfolgerung
Durch das Einbringen einer zentralen Clearing-Stelle, das sogenannte Corporate Netting Center, werden mit wenig überschaubaren Aufwand viele Kosten vermieden, teure Risiken reduziert und Abstimmungsprozesse deutlich vereinfacht.